Enttäuschung
Hallo Leute!
Heute habe ich einen ernsten Text. Ganz ohne Ironie. Denn ich bin sehr enttäuscht.
Enttäuschung. Das war das bestimmende Gefühl in mir nach der Bürgerversammlung in Hambühren am 18.11.2015, in der es um die Unterbringung von Flüchtlingen in unserem Ort ging. Enttäuschung über die Beiträge der Hauptredner und einiger Zwischenrufer. Enttäuschung über die Abwesenheit desjenigen, der die Entscheidung für die ehemalige Haupt- und Realschule als Notunterkunft für Flüchtlinge verantwortet. Und damit vor allem Enttäuschung über die Geringschätzung und Missachtung der Hambührener Bevölkerung und ihrer Gedanken, die sie sich zur Unterbringung der Flüchtlinge macht.
Verantwortlich für die Entscheidung, im Falle eines Amtshilfeersuchens des Landes die ehemalige Haupt- und Realschule in Hambühren samt Sporthalle als Notaufnahme einzurichten, ist – soweit ich dies beurteilen kann – die Kreisverwaltung mit Landrat Klaus Wiswe (CDU) an der Spitze. Weder der Kreistag noch der Kreisausschuss scheinen bislang involviert gewesen zu sein, schon gar nicht die Gemeinden oder die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger. Nun ist es aus rein praktischen, finanziellen und vor allem zeitlichen Gründen aber auch nicht möglich, bei jeder Entscheidung ein demokratisches Abstimmungsverfahren einzuleiten. Immerhin ist auch der Landrat demokratisch gewählt, verfügt also über eine belastbare Legitimation für wichtige, auch richtungsweisende Entscheidungen, sofern ihm das Gesetz eine Entscheidungszuständigkeit einräumt.
Überbringer der Nachricht war aber der von Herrn Wiswe beauftragte Kreisrat Bernd Niebuhr. Und der blieb die Antworten nach den Entscheidungsgründen und nach den Perspektiven für den Hambührener Vereinssport schuldig. Könnte sein, dass er nicht mehr sagen wollte, weil ihm gewisse Befugnisse fehlen und er den Landrat nicht in eine Bredouille bringen wollte. Könnte auch sein, dass er nicht mehr sagen konnte, weil ihm selbst die Entscheidungsgründe gar nicht bekannt sind. Oder noch schlimmer: Er wollte nicht offenbaren, dass die Entscheidung für Hambühren ausschließlich aus politischen Erwägungen getroffen wurde. Ist es denkbar, dass die Notaufnahmereinrichtung dort platziert wird, wo das Wählervotum bei künftigen Wahlen die geringsten Auswirkungen auf das Gesamtergebnis haben würde? Ich sage nicht, dass es so ist. Aber das Spekulieren hierüber bzw. dass es überhaupt einen Anlass für das Spekulieren gibt, stellt bereits einen großen Schaden für das Vertrauensverhältnis zwischen dem Landrat und der Bevölkerung dar.
Warum erscheint es in der aktuellen politischen Lage manchen Spitzenpolitikern und Behördenchefs als richtig, die Menschen nicht mit allen Fakten, also mit der Wahrheit konfrontieren zu wollen? So hält der Bundesinnenminister in diesen Tagen Antworten über mutmaßliche Terrorattacken mit der Begründung zurück, dass Teile dieser Antworten die Menschen verunsichern würden. Ähnlich fragwürdig ist es, wenn Herr Wiswe den Menschen nicht erklärt, wieso er es für richtig hält, eine Notunterkunft für bis zu 300 Flüchtlinge in unmittelbarer Nähe eines Wohngebietes inmitten einer Gemeinde einrichten zu wollen bzw. zu müssen. Welche Alternativen hat es gegeben? Und warum scheiden diese Alternativen aus? Mit welchen Auswirkungen auf die Nachbarschaft ist zu rechnen oder ist nicht zu rechnen? Wie sieht das Sicherheitskonzept aus? Wie sollen die unterzubringenden Menschen und die Anwohner vor möglichen Anschlägen geschützt werden? Wohin können die Flüchtlinge tagsüber gehen?
Standortentscheidungen sind in der Kommunalpolitik nie beliebt. Das wissen wir von Entscheidungen über die Ansiedlung von Schlachthöfen, Entsorgungsanlagen, Windrädern, Eisenbahntrassen, selbst am Altglascontainer oder an der Bushaltestelle entzündet sich heftiger Streit. Letzten Endes werden aber die meisten dieser umstrittenen Entscheidungen akzeptiert, zumindest hingenommen, wenn denn alle Argumente und alle Wahrheiten zum Thema offen diskutiert und ausgetauscht werden konnten. Aber die Menschen ohne Erklärungen zurück zu lassen, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen, stört das Vertrauensverhältnis zwischen den verantwortlichen Amtsinhabern und den „Regierten“. Es stört nachhaltig das Verhältnis der Menschen zu den staatlichen Institutionen. Es wird sich auch in der Bereitschaft zur künftigen Beteiligung am politischen und gesellschaftlichen Leben ausdrücken. Auch das wird dann der Landrat verantworten müssen.
Euer Adalbert